Dass Lernen ein Leben lang nicht aufhört, diese Erfahrung mache ich grad mit 62 noch mal sehr intensiv. Ich lerne gerade, was eine generalisierte Angststörung ist, wie sie entsteht, wie sie Veränderung massiv ausbremsen kann, wie man/frau sie überwinden kann.

Vor allen Dingen lerne ich, warum man eine Angststörung unmöglich mit dem Kopf allein lösen kann – und warum mir mein Lieblingsveränderungswerkzeug: Denken null weitergeholfen hat. Kaum zu glauben, aber wahr: Ich hatte schlichtweg to-tal vergessen, dass es auch noch einen Körper gibt. Nun lautet meine Aufgabe, aus: „Der Körper, mein Feind“ ein „Der Körper, mein Freund“ zu machen. Die Erfolge sind – jedenfalls für mich – ziemlich verblüffend. Dennoch, es ist, wie jede Veränderung, Arbeit und erfordert ein beständiges Korrigieren und Einüben: Nee, nun ist NICHT Denken und Analysieren dran, nun ist auch nicht hektisches Tun dran, nun ist In-den-Körper-horchen dran!

In diesem Zusammenhang bin ich die Seite von Dami Charf gestoßen und ihren Onlinekurs zu Trauma, der mir nicht nur bei meiner eigenen Angststörung viel bringt, sondern erhellende Auswirkungen auf mein Coaching hat, erkenne ich doch viel klarer, ob der Grund für Veränderungsschwierigkeiten meiner KundenInnen ggf. auf einer nicht erkannten generelleren Angststörung beruhen könnte. Und dann braucht es eben andere Werkzeuge, als wenn mensch momentan „feststeckt und/oder ein bisschen an sich zweifelt“.

Lassen Sie sich nicht vom Begriff Trauma irritieren. JEDER Mensch, der einer Situation nicht gewachsen war, sich als ohnmächtig und überfordert erlebt hat, KANN eine Angststörung/Trauma kriegen – mit Betonung auf: kann, aber muss nicht. U.a. ist es auch eine Frage der Häufigkeit: Wer 5 mal mit dem Fahrrad gestürzt ist, dem wird es erheblich schwerer fallen, sich und den eigenen Fahrkünsten wieder zu vertrauen. Wer gefühlte 10 mal die Präsentation in den Sand gesetzt hat, braucht schon ein seeehr gutes Selbstbewusstsein, um keine Angst vor der nächsten Präsentation zu entwickeln. Wer immer wieder erlebt hat, dass sein oder ihr Körper ihn/sie im Stich lässt, der braucht Werkzeuge, wie er oder sie lernt, selbigem wieder grundlegend zu vertrauen.

Als erste Bewältigungsmaßnahmen habe ich mir verordnet:

  • Verlangsamung, ein komplettes Slowing down bei allen Aktivitäten
  • eine radikale Reduktion von Sozialkontakten bzw. der Kontaktdichte
  • Erlaubnis: Ich darf so lange brauchen, wie ich brauche, um diese Körper-Lektion zu kapieren, einzuüben, zu integrieren. Punkt.

Außer vielen Sachbüchern zu Körpertherapie (die mein Geist einfach auch braucht :-)),  half und hilft mir das Buch von Kai Romhardt Slow down your life – Vom Glück der Gelassenheit“. Er war selbst sehr speedy und erfolgreich unterwegs, bis ihn eine Krise für Monate aufs Laken warf. Er entdeckte den Buddhismus für sich. Ihm geht es nicht darum, Menschen zum Buddhismus zu bekehren, sondern um Achtsamkeit im Alltag. Er gibt viele praktische Ideen und Anleitungen. Besonders gefällt mir, dass es gleichzeitig eine kritische Auseinandersetzung mit der Idee von ZEIT ist und einen anderen Blick darauf zeigt.

Den Text, den er an der Anfang seines Buches gestellt hat, das „Lied des Franz von Assisi“, sagt es konzentriert und poetisch:

If you want to live live free
take your time go slowly
do few things but do them well
heartfelt work goes purely.

If you want your dreams come true
take your time go slowly
Small beginning, greater end
simple work is holy.

Day by day – stone by stone
build your secret slowly
day by day – you’ll grow true
you’ll know heaven’s glory.

Nehmen Sie sich Zeit, Ihr SELBST, Ihr Leben, Ihr Secret zu nähren, zu ‚bauen‘, zu entwickeln und in Ihrem Tempo zu reifen.