Fangen wir mal mit meinem Nachtrag an:  Ich hatte das Buch im März, als es just erschienen war, rezensiert. Es steht mittlerweile auf Platz eins der Spiegelbestsellerliste – und außer positiven Kritiken, gibt es auch sehr kritische Anmerkungen: Dass man(n) von einem Philosophen doch Gehaltvolleres als dieses ‚Geschwafel‘ erwarten dürfe zum Beispiel.

Für mich gilt: Auch Maler haben zuweilen zu einer sehr reduzierten, einfachen Form gefunden. Das kann ich dann abzeptieren, wenn ich ihren Prozess kenne und darin ein Können erkenne. Bei allen anderen weigere ich mich schlicht, jeden Strich, jedes Gekleckse als „Kunst“ zu betiteln. Dasselbe trifft aufs Schreiben zu.

Will meinen,  ich kann die Kritiker verstehen, allerdings nur, wenn man(n) NUR dieses Buch als Grundlage von Bewertung nimmt. Mir persönlich gefallen Schmids  – alte – Grundlagenbücher besser, u.a., weil sie mehr Biss haben, vor allen Dingen, weil sie für mich immer noch eine hervorragende Zusammenfassung und Einführung in eine philosophisch be- und gegründete Selbst- und Lebensführung geben.

DAS denke ich immer mit und halte es jedem ‚kleinen‘ Schmid-Buch zugute: Dass er auch anders kann und konnte.

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Wilhelm Schmids neuestes, kleines Buch ist jetzt im Insel-Verlag erschienen:

Kaum jemand, der sich bei dem Wort Gelassenheit nicht – weil vermutlich selbst weiiiiiiit davon Gelassenheit, Was wir gewinnen, wenn wir älter werden, Wilhelm Schmidentfernt im Abseits stehend – danach sehnt. In seinem „roten“ Büchlein geht es Wilhelm Schmid nicht generell um DIE Gelassenheit, sondern diejenige in Bezug zum Alter/Älter werden.

In 10 kleinen, gehaltvollen Kapiteln fasst er zusammen, was Menschen jenseits des Lebenssommers helfen könnte, gelassener mit dem Lebenherbst, mit sich, den – schmerzvollen – Abschieden, der nachlassenden Energie, der sich ständig verkürztenden Lebenswegstrecke umzugehen.

Das Thema „Umgang mit Tod“ – der Lebenswinter – interessiert mich seit jeher – und mittlerweile selbst knapp vor der  60 – so auch hier.  Interessant seine Überlegungen, wie er, Wilhelm Schmid, in Kapitel 9. –  “ Ein Verhältnis zum Tod, um mit ihm leben zu können“ sich seinen letzten Tag vorstellt. Diese Übung habe ich lange nicht mehr für mich gemacht. Nun mal wieder.

Auch seine „Gedanken zu einem möglichen Leben nach dem Tod“ (Kap 10), geben mir – der mittlerweile (Kinder)Gott-losen – eine mögliche – und tröstliche – Sichtweise davon, dass mit dem Tod – vielleicht – nicht „alles für immer“ vorbei sein muss. Die Energie bleibt, transzendiert – in eine neue Form des Seins? Welche? Das weiß niemand.

Insgesamt:  Ein kleines, feines, gehaltvolles Büchlein vom Philosophen Wilhelm Schmid, das keine irre neuen und spektakulären Erkenntnisse als Gelassenheitspflaster gegen das Älterwerden lobpreist, sondern im – haptischen wie im Wortsinn – ein Handbuch ist, das sowohl die Weisheit der alten Philosophen wie auch seine eigenen Erfahrungen, Ängste, Gedanken mit einbezieht. Somit ein Buch mitten aus dem – und seinem – Leben und Älterwerden.

Ich möchte ihm, mir, allen ‚Beteiligten‘ zurufen: Möge die Übung gelingen!, wie es so schön im Chinesischen Nationalzirkus heißt. In diesem Fall, die der Gelassenheit im Umgang mit dem eigenen Älterwerden – und nicht nur den Gewinnen, sondern auch und besonders den Verlusten, die unweigerlich damit einhergehen.

Flüssig zu lesen.  Schön anzufassen. Schön zum Schenken: sich selbst und anderen in der Lebensmitte.  Erschienen im Insel-Verlag zum Preis von 8,00 Euro.