Ich bin gerade in einer Transformationsphase – oder noch strenger formuliert: In einer Identitätskrise. Und das schon länger. Es begann, als ich offiziell RENTNERIN wurde. Die Bezeichnung hatte erst mal nix mit mir zu tun – dachte ich. Ich war innerlich weiterhin Coach, identifizierte mich vornehmlich über meine Tätigkeit als solche – und merkte zunehmend, dass „irgendwas“ nicht mehr passt.
Ich hatte keine Lust mehr auf „Endkunden“, also Menschen, die mit ihren Problemen zu mir kamen und denen ich bei ihrem SPEZIELLEN – oder vermeintlich speziellen! – Problem helfen sollte/wollte, eine gute Lösung zu finden. Das Gefühl war neu! Ich, die ich so gerne gecoacht hatte, sollte keine Lust, keinen Bock, keine Motivation mehr verspüren, Menschen zu helfen, sich selbst zu helfen? Ich wollte das Gefühl nicht. Ich ignorierte es. Ich ließ es im kalten „Ich tu mal so, als ob es dich nicht gibt“- Ostwind stehen.
Die Frage aller Fragen stand irgendwann wie eine Dauerleuchtreklame vorm Fenster meiner inneren, mentalen Wand:
WER bin ich? WER bin ich, wenn ich nicht mehr Coach bin, wenn ich mich nicht mehr über meinen Beruf identifiziere?
Antworte ich dann, so mich jemand fragen sollte, mit: Rentnerin? Ich hab’s probiert. Es fühlte sich schrecklich an. Es ist inzwischen anders geworden, wenn ich sage: Ja, ich bin Rentnerin. AUCH! Ich füge immer ein AUCH hinzu. Ich bin auch Ex-Coach, Wortfreak, Poetin, Schreib- und Lesewütige (geblieben), bin inzwischen Oma geworden – auch so eine Bezeichnung, an die frau sich erst mal gewöhnen musste – ich bin weiterhin treue Freundin, Wissbegierige, Lernbegierige, Lebenshungirge geblieben.
Dennoch, was mich seit Jahren beutelt, frustet, grämt, leiden, fluchen, bitten, flehen, verzweifeln lässt:
Ich will ja seit ? 15 Jahren mein „Handbuch – Lebenskunst“ rausgeben…, der Welt vermitteln, wie leicht es sein kann mit der Motivation, den Zielen, der Veränderung, der Selbstführung, der Gelassenheit… UND HABE ES NICHT GETAN! Ich bin gefühlte Millionen mal daran gescheitert, das, was ich so schnell, leicht, kurz! meinen CoachingkundenInnen – selbst durchs Telefon! – beigebracht habe, in den PC zu bringen. Mit der Hand am Arm mal eben die Tools auf die Flip oder das Blatt gemalt: Voila! und schon war’s gut und gelungen.
Egal, ich will jetzt nicht meine ganze „Ich-bin-zu-blöd-mein-Buch-in-die-Welt-zu-geben“-Leidensgeschichte aufrollen, ich bin nur gerade an dem Punkt, wo ich mir überlege, ob ich nicht ALLE Unterlagen, ALLE Ordner, ALLES Geschriebene… in die Tonne trete! Einfach weg und ab in die Tonne! Das hatte ich schon gefühlte 10.000 mal vor! Aber nun nervt es mich täglich ohne Ende: Ich will mit 70 Ballast ABWERFEN – und nicht den alten Ballast – und seien es alte, längst überholte Träume – mit mir rumschleppen!
Ich bin grad, haha: schwer! erkältet, kriege schlecht Luft… und da ist schon mal die Frage erlaubt, ob ich nicht ZU SCHWER = ZU VIEL ALTEN BALLAST mit mir rumschleppe. An mentaler Kurzatmigkeit leide, gell. Ich schreibe ja jeden Morgen meine Gedanken mit der Hand am Arm in mein TAGEBUCH. Ich übertrage das mal jetzt einfach 1:1, was da heute steht zum Thema: Soll ich ALLES, was mit Coaching und „dem Buch“ zu tun hat, endgültig in die Tonne treten?
———— Tagebucheintrag 21.11.24 ———-
Was bleibt? Was bleibt dann an SICHTBAREM von all meinen Kämpfen, Umwegen, Suchen, Lieben, Leiden, Erkennen, Verändern, gelungenen und misslungenen Selbstwerdungsversuchen?
Was bleibt? Wenn ich nun doch und auch und end-gültig alles Sichtbare = Ordner, Kisten voller HIntergrundinfos, Flipchartblätter, Bücher!!!? entsorge? (Man achte aufs Wort: ent!-sorge)!
Was bleibt innerlich übrig, wenn ich NICHT mehr mein Hauptaugenmerk auf mein Lebenskunst-Handwerk, um nicht zu sagen: Lebenskunst-WERK lenke? Wenn ich den (Coaching) „Laden“, den letztlich unerfolgreichen, endgültig schließe? Oder einfach verlasse? LinkedOut wäre das…
Was bleibt von mir (übrig)? – und WER bin ich dann?!
Ich bleibe die Poetin, die Schreibwütige, die Wortleidenschaftliche, der Denkfreak, die Oma Bi, die Schwester, Freundin, Mutter… Lebenshungrige. Dennoch: Mein ganzes angehäuftes Wissen, Weisheit, Erkenntnis…. einfach ab und schicht und weg damit! Tschüskes!? Ich denke an Elke Heidenreichs Buch ‚Altern‚. Sie hatte viel Zufallspech, sie hatte aber auch viel Zufallsglück: Sie konnte ihre Talente ausleben, bekam Resonanz, hat mehr Sichtbares vorzuweisen als ich. Und ich? Was habe ich vorzuweisen? Ich sollte unbedingt noch mal das Kapitel „SPUREN: Welche habe ich/welche will ich noch hinterlassen?“ meiner Heilenden Lebensbilanz durchlesen. Könnte SINN-voll sein! (Wer mehr zur Heilenden Lebensbilanz lesen will: HIER gibts Infos vom Logotherapeutischen Institut dazu. Sie können auch gerne MICH kontaktieren, wenn Sie meine ERfahrung mit dem „Sinnfunken entdecken im Leben“ interessiert.)
Diese Trauer, diese Traurigkeit, dieser Schmerz….- mein NIE geschriebenes Lebenskunst-Buch begraben – …sie fluten mich gerade. Was schleppste den Ballast auf deinen (mentalen) Schultern dauermit? Das MACHT kurzatmig, lässt dich schwer atmen. Du kennst das doch. Du KANNST das doch: Abschied nehmen! Jap.
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!, Mary. Gesunde!
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Na, zumindest hat es zu einem – sichtbaren – Blogartikel geführt. Immerhin. 🙂