Es gibt Bücher, die legt man aus der Hand und weiß: Dieses wird für immer und immer zu deinen Lieblingsbüchern zählen, zu jenen, die du nie, nie wieder hergeben willst und die du immer mal wieder zur Hand nehmen wirst. Und, wie so häufig im meinem Leben, fand mich auch dieses Buch eher, als dass ICH es fand.
Ich spreche von „Früher Erfolg“ von F.Scott Fitzgerald.
Bekannter mag sein Roman „Der große Gatsby“ und die Verfilmung davon sein. Ich jedenfalls hatte weder den noch sonst irgendwas vorher von F.Scott Fitzgerald gelesen. Mehr zufällig hörte ich die Rezension zu „Früher Erfolg“ im WDR3-Radio – und irgendwas lockte mich sofort, es sofort zu kaufen, und hab es nicht eine winzige Sekunde lang bereut.
Das Buch enthält Essays, die zwar alle in den USA um die Zeit von 1910 bis 1940 spielen, aber von ebenso erschreckender wie faszinierender Aktualität sind. Sie handeln vom ganz persönlichen Auf und Ab des Autors, von Aufstieg und Niedergang, von frühen Erfolgen und bitteren Abstiegen in die Niederungen des Scheiterns und Haderns. Und all das in einer Sprache, die mich vor Begeisterung bis Ergriffenheit innerlich jubilieren und mitleiden und mitfühlen lässt. Literatur in ihrer schönsten Form!
Begeisterung, das passt eigentlich noch nicht richtig. Ich suche seit Tagen nach einer treffenderen Beschreibung. Deeply impressed!, könnte halb hinhauen.
Ich bin tief beeindruckt. Und beeindruckt bin ich, weil hier jemand mit schonungslosem Seziermesser und in brillant geführter Seziertechnik sich selbst und die Welt dem Leser auseinanderfilletiert, bis jede Muskelfaser, jeder Knochen bloß daliegt. Beeindruckt bin ich von seinem Mut, sich bewusst zu sein, dass er damit aneckt, sich angreifbar und verletzlich macht, und dennoch zu seiner Wahrnehmung der Welt steht.
Beeindruckt bin ich von seinem virtuosen Umgang mit Metaphern und Worten, die sich mitunter wie Perlen auf einer Kette aneinanderreihen. Beeindruckt bin ich, wie jemand zugleich dermaßen knallig wie poetisch – ja das gibt es tatsächlich – Dinge auf den (Schmerz)Punkt bringen kann und genau das einen wieder ins Leben zurückführt. Brillant! Literatur.
Das allein wären schon mehr als genug Kriterien, um das Buch unumwunden zu empfehlen.
Das, was mich aber am meisten mit diesem Buch verband und verbindet, ist ein Gefühl:
Es ist diese seine Grundstimmung, die sich wie ein roter Faden durch das Buch und sein Leben zieht: die eines ebenso kritischen wie melancholischen Menschen. Ein gefühlt Seelenverwandter. Wie tröstlich. Wie befreiend. Wie ermutigend und gleichzeitig ermahnend, diesem Zug nicht immerzu nachzugeben, sondern sich noch die Option zu erhalten, sie ins Back, den Denkhintergrund, schieben zu können und, wenn schon nicht des Lebens nicht quietschvergnügt zu erfreuen, sich doch immerhin einem Zustand des STAUNENS hinzugeben.. Staunen, über die Abgründe, about the depth and the bliss auf life, über die Abgründe und die lodernde Lebendigkeit, und all den Lebenszwischentönen und –farben.
Wer Lebenskunst – oder das Scheitern derselben – in literarisch fulminanter ART erfahren möchte, dem lege ich „Früher Erfolg“ – Über Geld und Liebe, Jugend und Karriere, Schreiben und Trinken“ von F.Scott Fitzgerald sehr, sehr ans Herz.
Erschienen ist das (in Leinen) gebundene Buch 2012 im Diogenes Verlag zum Preis von 22,90 Euro.
Erbauliche Lesestunden wünsche ich Ihnen!