5:30 Uhr. So langsam verdrängt der Morgen die Nacht. So langsam verdränge ich den Impuls, doch wieder all meine Gedanken „zum Buch“ ins private statt hier sozusagen öffentliche Tagebuch zu schreiben.

Gestern, 5ter Tag, hatte ich mir – in real! – auf die Zunge gebissen. Das schmerzte den ganzen Tag latent im Hintergrund. Abends wurd mir beim Aufwaschen plötzlich klar, dass ich das durchaus auch methaphorisch deuten kann: Ich bin schon wieder dabei, mir, wenn es ums Formulieren geht – hier und noch viel arger, wenn ich Texte für das Buch schreibe – schwer auf die Zunge zu beißen. Sprich, eben nicht frank und frei heraus zu sagen, was ich wirklich denke, fühle, mich bewegt, sondern alle Worte und Sätze wieder hübsch durch die mich seit Jahrzehnten ausbremsenden MARKETING- und/oder SCHREIB-Siebe zu schicken, bis nachher nicht ein einziger Satz mehr Bestand hat.

Ja, auch diese Nacht war wieder kurz. Und?, dachte ich im Bett. So what!

Ob wir glücklich sind oder nicht, uns ärgern oder nicht (z.B. darüber, nicht schlafen zu können…), uns ängstigen, Gefahr wittern oder entspannt abwarten, häufig ist das doch nur unserer sehr persönlichen Bewertung geschuldet – oder gedankt. Und die hängt leider viel ZU häufig davon ab, wie wir meinen, dass andere uns bewerten.

Früher wollte ich mal berühmt werden: mit 12 Jahren als Eiskunstläuferin (siehe da, schon damals kam Kunst im Wort vor); dann wollte ich ’ne Weile mal nicht berühmt werden, sondern mich verlieben, einen interessanten Job haben, Haus bauen, Familie gründen… der Klassiker eben. Done! Da war weder Zeit, Platz, noch Notwendigkeit oder Sehnsucht da, berühmt zu werden.

Später dann, als ich endlich als Coach meine Coachingkompetenz zu sowas wie Coaching-Kunst erhoben hatte, sprich, meinen Stil, meine Methoden, meine Werkzeuge gefunden hatte – und noch feststellte: Wow! Die wirken nicht nur bei mir selbst, sondern auch bei anderen superschnell, da wollte ich schon berühmt damit werden. Und sie in ein Buch packen. Der erste Versuch von zig Versuchen ist gut 10, 12 Jahre her. Arbeitstitel 1: Ich übe, also bin ich. – Formelsammlung für (Über)Lebenskünstler. 
Dieses Motiv: berühmt werden hat mir das ewige Scheitern längst abgeschliffen, aber auch aus anderen Gründen ist mir nicht mehr danach, berühmt zu werden: Wenn ich sehe, lese, höre, WER heute aus welchen Gründen berühmt ist – Stichwort Influencer – und dass und wie jede/r halbwegs Berühmte auf dem Dauerkritikteller steht – öffentlich – und jede noch so kleine Intimität von ihm/ihr in die Öffentlichkeit dringt, dann ist mir auch aus diesem Grund die Lust vergangen, berühmt zu werden. Ohoh!, schallt es von innen, das, was du da gerade schreibst, verträgt sich aber gaanz schlecht mit deinem Wunsch ein Lebenskunst-Handbuch in die Welt zu bringen!

Wobei wir mittendrin wären, im gängisten Ausbremser, wenn wir vorwärts schreiten, was verändern, ein Ziel erreichen wollen: Motivkonflikte! 

Dieses ständige JA, ABER von irgendeine der Innenstimmen. Da muss frau schon mal drastisch: Schnauze jetzt! Und ab ins Körbchen! rufen, um die mutmachenden und motivierenden noch hören und zu ihrem Recht kommen zu lassen. Gott sei Dank kennen inzwischen viele Menschen die Arbeit mit dem Inneren Team des von mir hochgeschätzte Kommunikationspsychologen Schultz von Thun.

Andere, leisere Stimmen, sagen mir anderes: Schreib. Schreib einfach weiter. Du kannst das.Wenn du eins kannst: Dann Tagebuchschreiben! Mach einfach weiter. Vielleicht wird es letztlich nicht eine knackige Sammlung deiner Lebenskunst-Werkzeuge, sondern ein Protokoll/ein Tagebuch des erfolgreichen Scheiterns: „Wie es mir gelang, KEIN Buch zu schreiben“

Was fest steht für mich: Für irgendwas wird das hier gut sein. Und wenn es die Initialzündung war, dass ich endlich wieder aus dem stummen Off aufgetaucht bin und Lust und Mut und sogar Spaß und Freude daran habe, wieder etwas Geschriebenes von mir in die Welt zu geben.

Dann zitiere ich mal einen von mir viel zitierten und sehr geschätzten Spruch von Vaclav Havel:

„Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, das etwas Sinn macht, egal, wie es ausgeht!“ 

Das mal für jetzt und grad.