Ich könnte schreiiiiien! Ich könnte toben, auf ’nen Sandsack einboxen, meine Zähne in die Auslegeware hauen…. harrr…. oder, bewährt und besser: gleich im Auto, da werde ich die Schreisau rauslassen und mir meinen Frust mal wieder von der Seele, dem Herzen, dem Gemüt schreiiiiiiiiiiiien…

Warum ich schreien könnte? Irgendwo las ich gerade eine Mail mit Marketingtipps… haarrrr… Ich ertrage dieses ganze Marketinggesülze und damit einhergehenden Erfolgsgarantien: „Tu dies, lass das und du wirst GARANTIERT Erfolg haben!“ nicht mehr. Ich ertrage diese Marketing-Mär – oder sollte ich sagen: Marketingverarsche – von der Machbarkeit des Erfolges nicht mehr! Jahre meiner Selbständigkeit habe ich sie befolgt. Und?

Wenn es nach Marketing-Vorgaben und -versprechen ginge, dann müsste ich längst ga-ran-tiert reich und erfolgreich geworden sein. Als Coach. Ich – wie viele andere Selbständige und/oder Einzelkämpferinnen – HABEN alles richtig gemacht: tolle Website, Newsletter mit Nutzen, Blog nett mit Bildern aufgepeppt, Menschen dort abgeholt, wo sie stehen, seriöse Qualitätsarbeit abgeliefert, hyperzufriedene KundenInnen, ABER… ich/sie/wir können dennoch nicht davon leben. Und, warum können wir es nicht?

Ich fange erst mal bei MIR an: Warum hat der ‚wirkliche, wahre‘ Durchbruch zum wohlhabenden, wertgeschätzten, ‚erfolgreichen‘ Coach nicht funktioniert?

Grund 1: Wer zu FRÜH kommt, den bestraft der Markt erst recht!

Lt. Marketing-„Erfolgsgesetz“ braucht der Mensch/Coach/Berater einen USP: Einen Unique-Selling-Point = einen ab-so-lut unverwechselbares Alleinstellungsmerkmal – und dann wird er quasi automatisch und garantiert reich, berühmt, gefragt. Und natürlich sollte man/frau allen anderen eine Nasenlänge voraus sein, denn, wer zu spät kommt, den bestraft das Leben und den (Coaching- und Beratungs)Markt sowieso.

Da kann ich nur höhnisch lachen und halte gegen: Wer zu FRÜH kommt, den bestraft der Markt erst recht!

Ich war in meinem Leben in vielen, vielen Dingen Pionierin – der Zeit weit voraus: Ich wurde Trauerbegleiterin, als kaum jemand das wurde. Ich wurde NLP-Master und Coach als das gerade aufkam. Ich gehörte zu den Ersten, die das Zürcher-Ressourcen-Modell begeistert gepriesen und angewandt haben. Schon vor 10 Jahren erkannte ich, dass Coaching UND Lebenskunst sich gegenseitig brauchen. Und mit allen diesen Alleinstellungsmerkmalen habe ich entsprechend geworben: Auf meiner Website, in meinen Kursen/Angeboten etc.. Die Erfahrung war bitter und enttäuschend: Von wegen garantierter Erfolg! ES – das Neue, der Nutzen des Neuen, mag es von eingen Wenigen als wirklicher Meilenstein/Quantensprung in Beratung/Lebenshilfe erkannt worden sein – muss erst mal in der Gesellschaft angekommen sein – sonst kannste dich kaputtwerben, dich mental und finanziell runinieren.

Grund 2, 3 und 4:  EinzelkämpferIn, älter, versus Jung &Team – und überhaupt: die Masse an Konkurrenten

Wenn ich es richtig erinnere, hat Konkurrenz was mit „currere“ = rennen, laufen, eilen zu tun,  plus das KON, also mitrennen, mitlaufen, miteilen. Jaja, auch da hör ich schon wieder das Gesülze doch lieber von Mit-Bewerbern zu sprechen. Ich habe keine Lust mehr, mir das was schönzureden, was Realität ist: Seit es die WEB-Welt gibt, ist die Anzahl der Mit-BewerberInnen ins Unermessliche gestiegen! Das allein ist schon ein Grund, den niemand einfach wegschieben kann.

Ich will aber noch mal auf die PIONIERIN zurückkommen, denn da wartete die nächste bittere Erkenntnis auf mich: WENN die Botschaft dann angekommen ist in der Mitte der Gesellschaft, schießen die Konkurrenten nur so aus dem Boden – und überholten mich schnell: nicht weil sie qualitativ besser wären!, sondern weil sie energetisch besser drauf waren: SIE hatten sich nicht schon in der Vorarbeit erschöpft, die Pioniere nun mal leisten; und viele von ihnen waren jünger an Jahren als ich, verfügten somit eh generell über mehr Energien und auch Anpassungsgeschwindigkeit ans Web und die Webtechnik. Ich habe seit meinen 16 Jahren Selbständigkeit jede Menge Geld und Gehirnschmalz darin investiert, insgesamt 3 unterschiedliche Websprachen zu lernen. Tja, wer zu früh kommt… siehe oben.

Und wo ich schon mal dabei bin, noch was ärgerte mich lange Zeit bis zur Weißglut: Dass ich laaaange brav garantiert wirksame Marketingtipps für EINZEL-Kämpfer von XY befolgte  – um irgendwann völlig baff festzustellen: Sie selbst waren gar keine Einzelkämpfer. Im Gegenteil, sie verfügten über ein Marketing-TEAM von 3, 4 (junge)Leuten, die sich die Aufgaben (des Für-sich)Werbens wunderbar teilten. Ab da waren sie für mich gestorben. Amen.

Grund 5: Allmachtsgefasel und Absolutheits-Garantien: Ich ertrage diese Aussagen nicht mehr!

Wenn ich eins kapiert und in meine Lebensphilosophie eingeschlossen habe, dann das: Es gibt keine absoluten Sicherheiten. Für nichts. Und nicht mal das ist sicher, wie ich  gerne anfüge. Also lassen Sie es sich auch von niemandem mehr einreden!

Das Leben ist so voller Überraschungen und Unberechenbarkeiten, so zu-fällig und schräg und staunenswert, dass es niemals absolute Sicherheit für irgendwas geben kann und wird.  Ist nicht nur Erfahrungswissen meinerseits, sondern viele VordenkerInnen und Philosophen haben das längst vor mir erkannt. Panta rhei, alles fließt, meinte bekanntlich schon Heraklit. Es gibt immer nur Teil-Sicherheiten, Vor-Sorge, die wir treffen können. Wir können voraus-denken, Pläne machen, Wahrscheinlichkeiten berechnen, unser Bestes geben, können alles richtig gemacht haben – und das Ergebnis ist dennoch nicht so, wie wir es uns ausgemalt haben.

Mir fällt dazu ein Kapitel aus dem Buch von Andreas Altmanns  „Gebrauchsanweisung für das Leben“ ein. Er wurde immer wieder gefragt, ob er keinen Tipp hätte, wie jemand erfolgreicher Autor/Autorin wird. Im Kapitel zu ARBEIT meint er sehr richtig, dass er keine Erfolgs-Sicherheiten kenne, dass es seiner Meinung nach unbedingt einer „Heiligen Dreifaltigkeit“ bedürfe: „Talent – Kraft – Glück. Fehlt nur eins, dann wird der Höhenflug nicht stattfinden.“ (Seite 183)  Eben!

Und zum Glück  gehört z.B., zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort (geboren worden) zu sein; die entsprechende Bühne bereitet zu kriegen; genügend Ressourcen zur Verfügung zu haben etc.

Was will ich zusammengefasst sagen?
Seitdem ich Obiges erkannt habe, habe ich zügig die Glaubenssätze: „Du, Maria, bist selbst Schuld an deinem mageren Erfolg! Schäm Dich!“ in die Tonne getreten. Befreit enorm. Ich setze Marketing mit Manipulation gleich. Ich habe keine Lust mehr, mich manipulieren zu lassen – oderumgekehrt andere manipulieren zu wollen. Man muss regelmäßig im Blog schreiben? Man muss Blogartikel-LeserInnen mit hübschen Bildchen anlocken? Man muss Mehrwert bieten, Umsonst-Angebote machen? Ich sage nur: ESMI, einen Scheiß muss ich! Ich schreibe, wann ich will, ich schreibe wieviel ich will, ich schreiben wie ich will.

Das muss nicht jeder mögen, aber ich verbiege mich nicht mehr, eines ‚garantierten‘ Erfolges wegen, sondern bleibe mir, meinen Werten, meiner Wortwahl treu. Es wird die Menschen erreichen, die ähnlich drauf sind wie ich. Darauf vertraue ich.

Ja, und was ist jetzt mit dem Schreiiiiiiiien? Is weg! Das Bedürfnis ist weg. Hab’s mir einfach von der Seele geschrieben. Geht doch!