Lebenskunst-Facetten Rettet die Schreibschrift! Schreibt Postkarten und Liebesbriefe!  – Ein Aufschrei für ein scheinbar überholtes Kulturgut.

Urlaubsgrüße white-studio / photocase.de
Urlaubsgrüße, white-studio / photocase.de

Huch, ÜBERRASCHUNG! Gerade hole ich eine real existierende Postkarte aus dem real existierenden Briefkasten: Handgeschrieben! Mit echter Briefmarke drauf! Wer kriegt sowas heute noch? Sie?

Wenn ja, dann hüten Sie sie wie einen Schatz. Sie könnte bald als wertvolles Kulturgut gehandelt werden. Warum? Kürzlich las ich in einem klitzekleinen Zeitungsartikel, dass die Schreibschrift abgeschafft werden soll. Ganz. Komplett. Total. Aus dem Stand regte sich tierischer Widerstand in mir.

Handgeschriebenes hat für mich Gewicht, ist für mich Ausdruck von Individualität. Eine unverwechselbare Handschrift haben, das meint eben nicht nur Schriftbild, sondern die ganze Art, mit der jemand tut, erzieht, erschafft. Immerhin, unsere Bundesbildungsministerin, Frau Wanka, warb darin für die Beibehaltung. Weil?

Wer Schreibschrift schriebe, schriebe bewusster, sie fördere die Feinmotorik und das logische Denken. Und außerdem trainiere das Schreibschriftschreiben bestimmte Synapsen im Gehirn. Das sei belegt. Durch Studien. Studien, aha.

Ich bin Lesementorin. Einmal die Woche lese ich mit Malte, 2. Klasse. Lesen kann er prima. Mit dem Schreiben klappt‘s noch nicht so gut. Also schreiben wir. Nur 5 Minuten. Seit kurzem Schreibschrift. Hochkonzentriert, Zunge fest zwischen die Lippen geklemmt, malt er die Worte zwischen die vorgegebenen Linien. Wie anders, wenn er Druckbuchstaben schreib! Locker wie der Gärtner den Dünger aufs Beet, verstreut er sie auf‘s Papierfeld. Ich SEHE den Unterschied. Dafür brauche ich keine Neurowissenschaft.

Wie technik- und wissenschaftsgläubig sind wir eigentlich geworden oder sollte ich sagen: gemacht worden? Was passiert, wenn die Druckschrift zur NORM-Schrift erhoben wird? Wir werden noch mehr normiert, standardisiert, vereinheitlicht. Das könnte vielen so passen, denn dann wären wir auch total kontrollierbar. Das mag für Technisches Sinn machen. Für Menschen nicht! Gott sei Dank bestehen wir auch aus maß-losen Sehnsüchten, Wünschen, Gefühlen. Und Geist. Und Seele. Und noch gilt: Die Gedanken sind frei!

Liebesbriefe –  Anders als in der gedruckten Kolumne kann ich Ihnen hier einen schönen Link zur SÜDDEUTSCHEN anbieten.

Im Zuge dieses Artikels wühlte ich in alten Postkarten und Briefen: Alte Liebesbriefe; die Handschrift meiner Mutter, zunehmend zittrig und mit Sütterlin gespickt; Grußpostkarten von Söhnen und Freunden aus aller Welt. Wie bewegend. Wie erinnerungsträchtig. Was wird von den vielen SMS und Mails in 10, 50, 100 Jahren bleiben? Ich kann die Welt nicht retten. Dies ist nur ein dies ist nur ein hitzigkleiner Appel, nicht alles und jedes unbedacht, unbeweint, unwidersprochen dem Technikgott zu opfern.

In diesem Sinne. Schreiben Sie mal wieder eine ‚richtige‘ Urlaubskarte an Ihre Lieben, einen richtigen Liebesbrief an Ihre Liebste/Ihren Liebsten. Wer weiß, ob jemand sie in 10, 50, 100 Jahren nicht dankbar, bewegt und berührt in Händen hält?

Sonnige Tage, helle Sommernächte, handgeschriebene Grüße wünscht Ihnen – auch unhandgeschrieben –

Ihre Maria Ast

Kolumne: zuerst erschienen unter Lebenskunst-Facetten im Stadtmagazin Spenger Echo, Doppelausgabe 07/08/2015 – KV-Verlag Claudia Vogt.  Meinen nächsten Kolumnenbeitrag finden Sie im Lebenskunstblog  am 03.09.2015 .

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