Das ‚ganze Thema‘ DDR spielte in meinem Leben nie eine große Rolle. Und so recht Lust oder echtes Interesse, mich da kundiger zu machen, hatte ich, ehrlich gesagt, auch nie so wirklich an den Tag gelegt.

Das hat sich schlagmals geändert, als mir jemand das Buch:

Ich schlage vor, das wir uns küssen von Ray Wieland (PIPER, 8,95 Euro)

geschenkt hatte. Das ist sowas von schräg und komisch und erhellend und im besten Sinne weiterbildend, was Leben und Mit-dem-Leben-klar-kommen in der DDR angeht und welche skurrilen Auswirkungen das Schreiben von Gedichten in der DDR hatte,  das es eine wahre Freude war zu lesen.

Wie da jemand völlig unsentimental und gleichzeitig poetisch und schräg  und mit einem Blick, den ich selber vorher nicht mal ansatzweise eingenommen hätte/habe, auf das Leben und Dichten in der DDR blickt, dazu braucht es schon den sehr geschärften Blick, gepaart mit einer gewissen pragmatisch-hurmorvollen Distanz, eines echten Insiders. Und das Ray Wieland alles in Personalunion ist, das hat er für mich mit diesem Band bewiesen.

Da wird der Held im Buch, Herr W., ohne es zu ahnen, jahrelang observiert – alldieweil irgendjemandem seine Jungmänner-Liebesgedichte in die Hände fallen  und – einfach aberwitzig und zum Schreien komisch – alles mögliche Staatsfeindliche hineininterpretiert wird. Erst im nachhinein, bei der Akteneinsicht, wird klar, wie schräg das ganze System war, da es ihn – ohne dass die „Zielperson“ je davon gemerkt hätte – quasi zum Staatsfeind Nr. Eins hochstilisiert hat. Das ganze Ausmaß an Absurdität wird mit leichter Hand und wunderbar lesbar vorgeführt.

Ein uneingeschränktes: Lesenswert!